Furchheimer – Emanuel, Fanny und Sigmund

Stolpersteine Emanuel, Fanny und Sigmund Furchheimer

Lage: Burgstraße 22


Emanuel Furchheimer und Fanny Furchheimer, geb. Luck heirateten 1890 und wohnten seit 28.2.1890 in Mergentheim. Ihre drei Kinder Julius (geb. 28.5.1892), Sigmund (geb. 5.9.1893) und Selma (geb. 10.1.1897) wurden alle in Mergentheim geboren. 

Emanuel Furchheimer stammte aus Hohebach und wurde dort am 31.10.1862 geboren. Sein Bruder Falk betrieb in Mergentheim in der Burgstraße 22 ein Geschäft für Tuche, Kleider, Manufakturwaren und Aussteuerartikel, das 1880 gegründet worden war. 

Seine Frau, Fanny Furchheimer, geb. Luck, wurde am 11.8.1861 in Messelhausen geboren. 

Die Familie zog am 1.9.1939 nach Frankfurt in die Gaußstraße 20. Dies hängt sicherlich auch mit den Ereignissen der „Reichskristallnacht“ im November 1938 zusammen. Ein wütender Mob von Nationalsozialisten (SA und NSKK) drangen in die Wohnung der Furchheimers ein, bedrängten die Familie gewaltsam und drohten Sigmund wegen eines Vorwurfs der Rassenschande zu massakrieren[1]. Die zunehmende Judenfeindschaft machte das Leben in einer Kleinstadt, wo jeder jeden kannte, immer schwieriger. Schutz bot eher der anonyme Raum einer Großstadt wie Frankfurt. 

Am 1. September 1942 wurden Emanuel und Fanny Furchheimer in einem Transport von Frankfurt ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb Fanny Furchheimer schon zwei Tage später am 3.9.1942, angeblich an Altersschwäche. Ungefähr zwei Wochen später, am 19.9.1942, starb Emanuel Furchheimer, angeblich an Darmkatarrh und Herzschwäche. 

 Sigmund Furchheimer war ebenfalls Opfer der NS-Diktatur, wurde aber im Gegensatz zu seinen Eltern nicht deportiert und ermordet. Seine Geschwister Julius und Selma waren in den 30er Jahren in die USA ausgewandert. Sein Versuch auch dorthin zu emigrieren, scheiterte 1938 wie auch sein Versuch nach Schanghai auszureisen. Er kam ins Gefängnis und ins KZ Dachau, wegen des Vorwurfs der Rassenschande. 1939 wurde in Ludwigsburg deshalb Anklage erhoben. Nach seiner Entlassung schaffte er es wahrscheinlich über Österreich nach Jugoslawien zu fliehen[2]. Dort wurde er später wegen illegalen Grenzübertritts verhaftet. Gesundheitlich angeschlagen kam er dann ins Krankenhaus. Nach der Besetzung Jugoslawiens durch deutsche Truppen im April 1941 wurde Sigmund Furchheimer nach Italien ausgeliefert und in das italienische KZ Ferramonte di Tarsia verbracht. (vgl. Liste der Internierten vom 31.5.1943), ohne ihn jedoch nach Deutschland auszuliefern. Nach ca. einem Jahr wurde er wegen schwerer gesundheitlicher Probleme entlassen und kam nach einem psychischen Zusammenbruch in eine Nervenklinik. Nach seiner Entlassung lebte er in Rom, unterstützt von christlichen Institutionen, da er in der Zwischenzeit konvertiert war. Wohl in dieser Zeit nannte er sich auch Forster, wie sein Bruder, der in New York lebte. Während einer Polizeirazzia im Dezember 1943 wurde er jedoch mit anderen Deutschen festgenommen[3]. Auf Anordnung des Befehlshabers der Sipo und des SD wurde er mit mehreren Häftlingen in das KZ Fossoli di Capri (bei Modena) eingeliefert, aber wiederum nicht an Deutschland ausgeliefert – die Gründe sind unbekannt. Nach dem Krieg beantragte er nochmals die Ausreise in die USA. In einem Fragebogen vom November 1945 gibt er seinen Bruder als Referenz und finanziellen Bürgen an. Über den weiteren Lebensweg bzw. seinen Tod ist nicht viel bekannt. Einem Hinweis nach soll er als Sidney Forster in den USA 1964 gestorben sein[4]. 

  1. Zur Schilderung des Pogroms in Bad Mergentheim: vgl. Hartwig Behr, Zur Geschichte des Nationalsozialismus im Altkreis Mergentheim 1918-1949, Niederstetten 2020, S. 166f und Hermann Fechenbach, Die letzten Mergentheimer Juden, Nachdruck der Stadt Mergentheim 1997, S. 160ff 
  2. Selbstauskunft von Sigmund Furchheimer im Fragebogen zur Ausreise in die USA 
  3. Im Bericht über die Razzia Ende 1943 wird seine Flucht anders beschrieben: 1940 sei er nach Rom gekommen. 
  4. In dem Dokument 59 über die Razzia wird berichtet, dass Sigmund Furchheimer, später Sidney Forster (1893-1964), nach 1945 in die USA emigrierte. 
Verlegedatum: 04. April 2019 
Patenschaften: keine Vorhanden 
Autor: DJ