Podiumsdiskussion im Gedenken an den Pädagogen und Historiker Hartwig Behr
Was lehrt uns die Vergangenheit im Umgang mit dem Rechtsextremismus heute? Dieser Frage widmet sich eine Podiumsdiskussion in der Aula des Deutschorden-Gymnasiums am Freitag, 18. Juli, um 18 Uhr. Die Veranstaltung soll einerseits die Verdienste des Lehrers und Historikers Hartwig Behr würdigen, der im vergangenen Jahr verstorben ist. Andererseits einen Blick in pädagogische Konzepte der Zukunft werfen. Auf dem Podium mit dabei sind Andreas Baier (Schüler und Jugendgemeinderat), Klaus Huth (Lehrer / Mitbegründer des Vereins Stolpersteine e.V., Bad Mergentheim), Cornelius Kückelhaus (Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg Fachreferent für Jugend- und Vermittlungsarbeit, Fachbereich Gedenkstättenarbeit), Prof. Dr. Thomas Schnabel (Historiker / ehemaliger Leiter des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg) sowie Clara Widmayer (Schülerin / Mitinitiatorin der Demonstration „Hand in Hand für Menschenrechte“). Beatrice Faßbender moderiert den Abend, der vom Netzwerk gegen Rechts Main-Tauber veranstaltet wird und in freundlicher Kooperation mit dem Deutschorden-Gymnasium stattfindet.

Seit 1973 gibt es den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten – ein Ansporn für Schülerinnen und Schüler, sich intensiv mit historischen Themen auseinanderzusetzen. Um das Jahr 1980 herum hat sich der Bad Mergentheimer Geschichtslehrer Hartwig Behr mit seinen Zehntklässlern des Deutschorden-Gymnasiums daran beteiligt. Projektthema war der Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1939. Absicht war es, auf lokaler Ebene nach Spuren dieser Zeit zu forschen. Das Ergebnis war aufschlussreich: Die Quellensuche war nicht einfach, die privaten Archive blieben zunächst verschlossen, von Zeitzeugen war nicht viel zu erfahren, man wollte nicht an „alte Geschichten“ rühren oder erinnert werden.
Aber der Wettbewerb war für Hartwig Behr gleichwohl die Initialzündung, am Thema dranzubleiben und tiefer in der Lokal- und Regionalgeschichte zu graben. Immer mehr Verdrängtes kam so zum Vorschein, immer mehr Material trug Behr zusammen. Wovon auch seine Schülerinnen und Schüler profitierten: Im Unterricht wurde das Thema „Drittes Reich“ stets rückgebunden an die regionalen Ereignisse. Abstrakte Zahlen, Fakten und Daten wurden so konkretisiert: Die Verbrechen sind eben nicht nur an anderen Orten oder gar im fernen Berlin geschehen. Sie haben auch unmittelbar vor der eigenen Haustür stattgefunden. Das war eindrücklich. Es war bewegend. Und erschütternd.
Im Laufe der Zeit wurde Hartwig Behr der erste Ansprechpartner, wenn es um das Schicksal jüdischer Mitbürger ging, um die 1920er bis 1940er Jahre in der Region, um die blinden Flecken in der Nachkriegszeit. Ein Aufklärer im besten Sinne war er. Im Freundeskreis ehemaliger jüdischer Mitbürger war er in den 80er und 90er Jahren maßgeblich an mehreren Einladungen von Mergentheimer Juden beteiligt, die noch rechtzeitig vor dem Naziterror fliehen konnten. Und er hat sein Wissen nicht nur in den Unterricht eingebracht, sondern auch in etlichen Vorträgen, Aufsätzen, Zeitungsartikeln und Büchern geteilt. Seine beiden wichtigsten Werke: „Vom Leben und Sterben“ über das Pogrom in Creglingen vom 25. März 1933, bei dem zwei Creglinger Juden zu Tode geprügelt wurden, und „Zur Geschichte des Nationalsozialismus im Altkreis Mergentheim 1918 – 1949“, das eigentlich an allen Schulen der Gegend zum Lehrbuch werden sollte, auch weil es sich jeden akademischen Duktus enthält und auf eine zugängliche Erzählweise setzt. Denn eines war Behr wichtig, wie er in einem Gespräch sagte: „Ich sehe die Arbeit im Kleinen als Spiegelbild des Großen. Es ist die Hoffnung, dass die Sachen, die ich geschrieben habe und die da jetzt in dem Buch niedergelegt sind, gelesen und weitergetragen werden. Auf der letzten Seite seines Buches heißt es: ‚Nie vergessen‘.“
Mit dem Abend „Die Zukunft der Geschichte. Was lehrt uns die Vergangenheit über den Umgang mit Rechtsextremismus heute“ will das „Netzwerk gegen Rechts Main-Tauber“ das Engagement, die Forschung und Intention Behrs weiterdenken Was kann die Beschäftigung mit der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte für die Zukunft lehren?
Das „Netzwerk gegen Rechts Main-Tauber“ will mit der Veranstaltung Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler erreichen. Darüber hinaus aber auch Menschen, denen die Vermittlung von Geschichte als Instrument zum besseren Verständnis der Gegenwart wichtig ist. Im Prinzip geht das Thema jede und jeden an, die oder der mit jungen Menschen zu tun hat – also Eltern und Großeltern, Patentanten oder -onkels usw.
NGRMT